Gender Gap ade - wie das Innovation Office der Uni Bern junge Unternehmerinnen fördert

24.07.2023
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Autorin
Carol Blaser

In der naturwissenschaftlichen Forschung und im Unternehmertum sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Gleichstellung und Chancengleichheit sind daher essentiell, um Zugangshürden abzubauen und diskriminierungsfreie Arbeitsumfelder zu schaffen. Ein Anliegen, mit welchem sich auch die UniBE Foundation beschäftigt. Im Gespräch mit Dr. Stefanie Dobitz wird klarer, welche Herausforderungen junge Forscherinnen und Unternehmerinnen heute haben, und was gemacht werden kann, um diese zu unterstützen.

Gemeinsamer Nenner

Bern, 8. März, 14:04, der Hörsaal im «sitem – im Swiss Institute for Translational and Entrepreneurial Medicine» füllt sich langsam mit Menschen. Eines der Themen des heutigen Vortrags «AI Med-Tech Founders» ist Chancengleichheit und die Frage, ob es für Frauen schwieriger als für Männer ist, ein Unternehmen in einem MINT-Bereich zu gründen. In meiner Funktion für die UniBE Foundation sitze ich heute gemeinsam mit Forschenden und Unternehmenden im Bereich Medizintechnik und künstliche Intelligenz im Publikum. Um mich noch ein wenig vertiefter mit der Frage der Chancengleichheit im Bereich Unternehmertum zu befassen, hoffe ich auf ein Interview mit Dr. Stefanie Dobitz vom Innovation Office der Uni Bern, die sich unter anderem mit diesen Fragen beschäftigt. Es gibt heute bereits Massnahmen, die sich der Thematik Chancengleichheit angenommen haben: So hat beispielsweise das Innovation Office der Uni Bern die Veranstaltungsreihe «Women who start up» organisiert, bei der über mögliche Hürden und Chancen für Frauen diskutiert wird. Zudem wird Diversität bewusst repräsentiert und es existieren Rolemodels, die zeigen, wie heterogene Teams – und dies nicht nur auf das Geschlecht bezogen – aussehen und funktionieren. Weiter wurden Gefässe wie das Institut für Chancengleichheit oder das FemSpin (weitere Infos siehe unten) geschaffen, um etwas zu bewirken.

Auch die UniBE Foundation setzt sich seit ihrer Gründung 2021 für Gleichstellung ein und hat die Themen Diversität, interkulturelles Wissen und Talentförderung zu einem zentralen Anliegen ihrer Arbeit gemacht. Gerade Diversität ist insofern wichtig, weil dadurch die besten Rahmenbedingungen gegeben sind, um komplexe Herausforderungen zu lösen. Die UniBE Foundation unterstützt damit die Universität Bern in der Umsetzung und Gestaltung dieser zentralen Themenfelder. Für mich ist das Anliegen ebenfalls wichtig: Als Frau und Masterstudentin im Bereich klinische Psychologie betrifft mich das Thema persönlich, weil auch ich mir die Option, selbst eine akademische Laufbahn zu verfolgen, offenhalten möchte – und möglichst mit intakten Chancen auf Gleichberechtigung

Interview mit Dr. Stefanie Dobitz

UniBE Foundation: Frau Dobitz, wie muss ich mir Ihre Arbeit als Innovation & Startup Advisor Health and Medicine vorstellen?

Die Idee hinter dem Innovation Office ist es, Studierende und Forschende der Uni Bern und dem Inselspital zu unterstützen, die translationale Forschung betreiben und planen, aus ihrer Forschung ein Start Up zu machen. In meinem Bereich, Gesundheit und Medizin, dreht sich alles um die zukünftigen Patientinnen und Patienten, die Entwicklung neuer Medikamente und diagnostischer Tests. Konkret: Wie werden Patientinnen und Patienten derzeit versorgt und wie können sie in Zukunft besser versorgt werden.

Was hat Sie gereizt, diese Arbeit zu machen?

Ich habe vorher bei einem Lohnhersteller im Verkauf gearbeitet und konnte Kundinnen und Kunden dabei unterstützen, die gerade zukünftige Medikamente und diagnostische Tests entwickelt haben. Das Spannende war, so früh bei diesen Projekten dabei zu sein und zu wissen, was in 5 oder 10 Jahre für Patientinnen und Patienten möglich sein wird. Und genau dasselbe fasziniert mich im Innovation Office: Zu verstehen, was Forschung für Menschen im Alltag leisten kann. Der zweite Punkt ist, dass man mitanschauen kann, wie die Leute wachsen. Ich bin jetzt ungefähr ein Jahr an der Uni Bern und es gibt Projekte, die habe ich seither begleitet. Zu sehen, wie diese Personen als Persönlichkeiten gewachsen sind, selbst, wenn das Start Up danach vielleicht nicht wie geplant funktioniert, finde ich toll. Das gebe ich auch jeder Person mit: Nehmt es als Erfahrung, egal wie gut es nachher funktioniert.

Was sind aus Ihrer Sicht die grössten Herausforderungen für junge Forscherinnen?

Ein Teil davon hängt wahrscheinlich mit Rolemodels zusammen, also ob es auch weibliche Rollenvorbilder gibt. Daneben gibt es grundlegende Fragestellungen wie beispielsweise, ob wir überhaupt die gleiche Anzahl Studenten und Studentinnen in einem Studiengang haben. Diese Frage hat uns schliesslich auch dazu bewogen, uns zu fragen, was wir als Innovation Office konkret machen können.

„Nehmt es als Erfahrung, egal wie gut es nachher funktioniert."

Dr. Stefanie Dobitz

Mit der Eventserie «Women who start up» möchten wir Frauen einen Raum bieten, um sich weiterzuentwickeln und eine inspirierende Gruppe zu bilden, die sich gegenseitig unterstützt.

Wie lässt sich Ihrer Meinung nach der Gender Gap in der akademischen Karriere erklären?

Das ist eine sehr gute Frage. Für mich auch eine sehr persönliche: Ich habe Chemie studiert und war immer in der Geschlechterminderheit. Ehrlicherweise habe ich mir darüber nie gross Gedanken gemacht. Als dann aber einige meiner Kolleginnen schwanger wurden, habe ich bemerkt, dass dies in naturwissenschaftlichen Fächern aufgrund der Arbeitsplatzvorschriften zu einer vorübergehenden Abwesenheit vom Labor führen kann. Die steigende Anzahl an Teilzeitstellen in Firmen und der Akademie helfen aber sicherlich, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. In diesem Zusammenhang gibt es auch das FemSpin, ein Projekt, welches herauszufinden versucht, wie wir Frauen in der Akademie unterstützen können.

Wie realistisch ist es denn, Teilzeitforscherin oder -unternehmerin zu sein?

Es ist zentral, dass man sich eine gute, unterstützende Umgebung schafft. Es gibt sicherlich
auch noch heute Leute, die überzeugt sind, dass Forschende oder Unternehmende 100% arbeiten müssen. Ich persönlich glaube, man kann alles in Teilen machen. Und ich kenne ganz viele Kolleginnen und Kollegen, die Teilzeit arbeiten, aber in der Zeit, in der sie da sind, 200% für das Unternehmen geben.

Was kann das Innovation Office der Uni Bern konkret tun, um junge Forscherinnen und Unternehmerinnen in ihrer Arbeit zu unterstützen?

Die Event-Serie «Women who start up” ist wirklich ein guter Startpunkt für uns gewesen, um ein wenig ein Gespür zu bekommen, was die Menschen in diesem Prozess brauchen und sich wünschen. Diese Rückmeldungen haben wir aufgenommen und die zweite Ausgabe der Serie, welche im Herbst startet, entsprechend gestaltet. Zum Thema Rolemodels sind wir als Innovation Office ganz ungewollt ein Vorbild: Meine Kollegin Elsa ist Physikerin, Jennifer ist BWL-erin, Sara ist Psychologie-Studentin und unsere wissenschaftliche Hilfskraft, ich selbst bin Chemikerin. Es findet also Female Empowerment im Innovation Office statt. Und wir exponieren uns auch immer wieder, gehen zu Veranstaltungen und halten Vorträge. Es geht darum, diese Vorbildsfunktion zu leben und nicht nur darüber zu sprechen.

„Es findet also Female Empowerment im Innovation Office statt.“

Dr. Stefanie Dobitz

Auf welche Erfolge blicken Sie schon zurück?

Wir sind als Innovation Office Team gut zusammengewachsen. Wir haben alle unterschiedliche Hintergründe und Ideen gehabt, wie ein Innovation Office an der Uni funktioniert. Gemeinsam haben wir dann im Laufe des Jahres 2022 unsere Vision erarbeitet: A thriving ecosystem shaping our society of tomorrow – darauf bin ich persönlich sehr stolz. Seit unserer eigenen Gründung haben wir viele Projekte an der Uni Bern und am Inselspital begleiten dürfen, wobei drei Gründungen (2021) stattfanden und erfolgreich Fördergelder von BRIDGE und Innosuisse eingeworben werden konnten. Weiterhin haben wir die erste Runde UniBE Venture Fellowships vergeben und damit vier Projekte mit je CHF 100.000 und unserem Know-How tatkräftig unterstützt. Im Bereich Frauenförderung haben wir für die Serie «Women who start up» sehr viel positives Feedback bekommen. Alle, die da waren, haben sich sehr abgeholt gefühlt. Daher freuen wir uns auch auf den Start von Nr. 2 im September 2023.


Dr. Stefanie Dobitz ist Innovation & Startup Advisor für Gesundheit, Medizin und Life Sciences an der Universität Bern und am Inselspital. Sie unterstützt Forschende und Studierende aktiv bei deren ersten Schritten zum zukünftigen Unternehmer oder zur zukünftigen Unternehmerin. Zuvor leitete Stefanie ein internationales Verkaufsteam für einen Schweizer Lohnhersteller (CDMO), wobei sie die Pharma- und BioTech-Industrie unterstützte. Stefanie promovierte an der ETH Zürich in organischer Chemie und hält einen CAS im Innovationsmanagement.


Abteilung für Chancengleichheit

Die Universität setzt sich für die Förderung von Chancengleichheit und Gleichstellung von Frauen und Männern sowie aller Geschlechter ein, ist bestrebt Zugangshürden abzubauen und fördert die Vereinbarkeit von Beruf und Care-Verpflichtungen.

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Innovation Office

Das Innovation Office wurde im September 2021 gegründet, um eine dynamische Innovationskultur an der Universität Bern stärker zu fördern. Das Innovation Office sensibilisiert und unterstützt Studierende, Forschende, Professorinnen und Professoren in Bezug auf neue Ideen und Erfindungen und stärkt dadurch den Transfer innovativer Forschung in Wirtschaft und Gesellschaft.

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FemSpin

Dieses Gemeinschaftsprojekt der Eidgenössischen Technischen Hochschulen Zürich (ETHZ)
und Lausanne (EPFL), des Paul Scherrer Instituts, der Universitäten Zürich, Basel, Bern und Genf sowie der Fachhochschulen der West- (HES-SO), Süd- (SUPSI) und Nordwestschweiz (FHNW) hat zum Ziel, die Chancengleichheit im Bereich der Spin-off- Aktivitäten zu fördern, indem ein besonderer Fokus auf Frauen gelegt wird.

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